"Sagt Nein zum drohenden Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien!"

von Eritreische Antimilitaristische Initiative

(01.12.2005) (01.12.2005) Die Eritreische Antimilitaristische Initiative ist sehr besorgt über den wachsenden Konflikt, der möglicherweise zu einem neuen Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien führen kann.

Anlässlich des Internationalen Tages der Gefangenen für den Frieden, dem 1. Dezember, machen wir heute auch aufmerksam auf die fortwährende Misshandlung von Kriegsdienstverweigerern und DeserteurInnen in Eritrea.

Die Eritreische Antimilitaristische Initiative wurde vor einem Jahr von jungen Männern und Frauen aus Eritrea gegründet, die in Deutschland leben. Die meisten von uns waren Angehörige der eritreischen Armee, bis wir uns entschieden zu verweigern bzw. zu desertieren.

Rudi Friedrich beschrieb bereits die furchtbare Situation von KriegsdienstverweigerInnen und DeserteurInnen in Eritrea. Wir, die Mitglieder der Eritreischen Antimilitaristischen Initiative, haben die Sorge, dass sich die Situation durch einen drohenden Krieg noch verschärfen wird. Das kann eine massenhafte Flucht von Jugendlichen aus beiden Ländern zur Folge haben, die nur so ihr Leben retten können. KriegsdienstverweigerInnen und DeserteurInnen brauchen Asyl.

Deshalb appellieren wir an die deutschen Behörden, keine VerweigerInnen und DeserteurInnen abzuschieben. Im vergangenen Mai haben wir mit einer Unterschriftensammlung für diese Forderungen mehr als 1.500 weitere Unterstützer finden können. Wir werden die Unterschriftenlisten im Anschluss an die Pressekonferenz an das deutsche Innenministerium senden.

In den letzten Jahren hat die Regierung Eritreas das Land militarisiert. Die Ursachen und damit verbundenen Ziele wurden immer wieder ausführlich von internationalen Organisationen dokumentiert. EritreerInnen und Mitglieder der internationalen Gemeinschaft haben die Militärregierung dazu gedrängt, nationale und internationale Gesetze einzuhalten, ein Mehrparteiensystem zuzulassen und internationale Menschenrechtsvereinbarungen einzuhalten.

Wir von der Eritreischen Antimilitaristischen Initiative hatten selbst die Gelegenheit, gegenüber dem Plenum der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf auf die Situation der VerweigerInnen und DeserteurInnen hinzuweisen. Leider hat die Regierung darauf nicht reagiert. Sie wendet das Argument der nationalen Souveränität an, um das eigene Überleben zu sichern und andere Stimmen sowie die Opposition in Eritrea zu unterdrücken.

Unsere Initiative verfolgt intensiv die neuerlichen ernsthaften und beunruhigenden Entwicklungen im ungelösten Grenzkonflikt zwischen Eritrea und Äthiopien. Die aktuelle Situation zwischen Frieden und Krieg zwischen den beiden Ländern ist eine Folge der Weigerung Äthiopiens, das Ergebnis der eritreisch-äthiopischen Grenzkommission der Vereinten Nationen anzuerkennen. Es wirkt sich nachteilig auf das Leben der Einwohner in beiden Länder aus - in besonderer Weise für unser Volk. Die kürzlich von der eritreischen Regierung begonnenen Maßnahmen, wie das am 5. Oktober ausgesprochene Verbot gegenüber den UN-Friedenstruppen, Überwachungsflüge in der Pufferzone durchzuführen, spitzten die Situation zu. Darüber hinaus haben die Regierungen Eritreas und Äthiopiens Truppen in die Grenzregion verlegt. Damit wird die Region und insbesondere unsere Nation in eine alarmierende Situation versetzt. Wenn nicht alle Seiten weise und verantwortlich reagieren (einschließlich der UN, EU und AU), kann die Situation außer Kontrolle geraten und beide Länder in einen weiteren zerstörerischen Krieg führen.

Vor einigen Tagen forderte der Sicherheitsrat, dass "Äthiopien die verbindliche Entscheidung der Grenzkommission akzeptiert", dass "Eritrea die Entscheidung zurücknimmt, Hubschrauberflüge der UN zu verbieten" und dass "beide Parteien ihre Truppen innerhalb von 30 Tagen auf den Stand von Dezember 2004 zurückziehen".

Wir betonen: Beide Regierungen, sowohl die eritreische als auch die äthiopische spielen mit einem neuen Krieg, um von der katastrophalen ökonomischen und sozialen Situation abzulenken und die Opposition zu zerschlagen. So versuchen sie ihre Macht aufrechtzuerhalten - gegen das Wohlergehen der Bevölkerung beider Länder. Es ist klar: Seit langer Zeit wäre es nötig gewesen, jedweden Waffenhandel in diese Region zu beenden. Darüber hinaus brauchen alle friedensbewegten Menschen aus den Zivilgesellschaften in beiden Ländern internationale Unterstützung. Eine solche Unterstützung vermissen wir.

Wir wissen, was Krieg bedeutet. Wir wurden gezwungen, im Krieg von Mai 1998 bis Juni 2000 zu kämpfen. Unser Land verlor 19.000 SoldatInnen, Tausende mehr wurden verstümmelt oder leiden an den physischen Folgen. Mindestens 70.000 Menschen starben im Krieg. Tausende Zivilpersonen wurden vertrieben. Mehr als 75.000 EritreerInnen, die schon lange vor dem Krieg in Äthiopien lebten, wurden nach Eritrea abgeschoben.

Aufgrund der Misshandlungen in der Armee und einem nicht endenden Militärdienst, desertierten Frauen und Männer und flohen ins benachbarte Ausland oder in andere Länder. Eine kürzlich veröffentliche Studie kommt zu dem Ergebnis, dass seit dem Jahre 2001 mehr als 8.000 EritreerInnen in den europäischen Ländern um Asyl nachgesucht haben. Die meisten von ihnen sind junge Männer und Frauen, die in Eritrea in der Armee waren.

Statt das Land zu entwickeln, verwendet unsere Regierung alle menschlichen und materiellen Ressourcen, um den blutigen Krieg zu finanzieren. Leider werden wir Zeugen, dass erneut ein Krieg vorbereitet wird. Wir sind der Überzeugung, dass alle Formen von Krieg und Militarismus einer friedlichen Entwicklung unseres Landes und der Region im Wege stehen.

Wir betonen: Krieg hat niemals Konflikte gelöst. Krieg wird niemals Konflikte lösen. Nicht die Kriegstreiber werden das Inferno zu spüren zu kriegen. Wenn sich die zwei Regierungen für Krieg entscheiden, werden die armen Menschen beider Länder den Preis zahlen und alle Konsequenzen tragen müssen.

 

Deswegen appelliert die Eritreische Antimilitaristische Initiative (EAI) an die eritreische Regierung:

  • Unter keinen Umständen sollte ein Krieg begonnen werden;
  • alle Deserteurinnen und Deserteure sollen freigelassen werden; das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung ist anzuerkennen;
  • die Misshandlung von Familienangehörigen von DeserteurInnen muss beendet werden.

Die EAI wendet sich an die Bevölkerung Eritreas.

  • Wir rufen die Jugendlichen dazu auf: Sagt Nein zum Krieg! Verweigert Euch der Zwangsrekrutierung. Stimmt mit Euren Füßen ab!
  • Wir rufen die Angehörigen auf: Sagt Nein zum Krieg! Beendet die finanzielle und geistige Unterstützung der Regierungspropaganda.

Die EAI wendet sich an die Äthiopier:

  • Die äthiopische Regierung muss den Schiedsspruch der Grenzkommission akzeptieren, wie sie es bereits versprochen hatte und eine Demarkation der Grenze zuzulassen;
  • Jugendliche, sagt Nein zum Krieg! Verweigert Euch der Zwangsrekrutierung. Stimmt mit Euren Füßen ab!
  • An die Eltern und Angehörigen in Äthiopien und in der Diaspora: Sagt Nein zum Krieg! Beendet Eure finanzielle und geistige Unterstützung der Regierungspropaganda!

Die EAI wendet sich an die internationale Gemeinschaft. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Afrikanische Union, die Regierungen der USA und Großbritanniens als Garantiemächte der Vereinbarung sollen rechtliche Maßnahmen ergreifen, um den Streit ein für allemal zu lösen.

  • KriegsdienstverweigerInnen und DeserteurInnen brauchen Schutz und Asyl!
  • Keine Abschiebung von Verweigerern und Deserteuren in Kriegsgebiete!
  • Unterstützt alle friedensbewegten Menschen der afrikanischen Zivilgesellschaften!

Yohannes Kidane, Eritreische Antimilitaristische Initiative: Erklärung auf der Pressekonferenz am 1. Dezember 2005 in Frankfurt/M. Die Pressekonferenz wurde durchgeführt von Connection e.V., Pro Asyl, dem Friedenspfarramt der EKHN und der Eritreischen Antimilitaristischen Initiative. Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und Eritreische Antimilitaristische Initiative: Gegen Krieg und Diktatur in Eritrea, Mai 2006. Wir danken für die finanzielle Förderung durch den Katholischen Fonds, den Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), die Aktion Selbstbesteuerung e.V. (asb) sowie den Fonds der EKHN "Dekade zur Überwindung der Gewalt"

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