Aktion zur Kriegsdienstverweigerung in Kolumbien

Aktion zur Kriegsdienstverweigerung in Kolumbien

Kolumbien: Wir verweigern: Für das Leben!

von Red Juvenil

(01.09.2010) „Ich möchte nicht teilnehmen an einem Krieg, den ich mir nicht ausgedacht habe, den ich nicht gewollt habe, den ich nicht gefordert habe, den ich nicht begonnen habe. Ich unterstütze diesen Krieg nicht, ich werde keinen Finger rühren, um ihn fortzuführen, und ich denke nicht daran, ihn zu Ende zu führen.“ All das haben wir lautstark in unseren Stadtvierteln zum Ausdruck gebracht, als wir gewahr wurden, dass sie unsere kreativen Menschen ermorden, dass sie unsere Kinder rekrutieren und ihnen im Leben nur eine einzige Chance lassen: sich zu bewaffnen und einer Bande anzuschließen.

In unserer Gesellschaft herrscht ein Ungleichgewicht, das uns alle in einen zyklischen Konflikt hineinzieht. Kein lebendes Wesen kann sich ihm entziehen. Wir sagen: Es reicht! Wir haben genug von all dieser negativen Energie, und wir haben ihr etwas entgegenzusetzen: Die Haltung von Männern und Frauen, die Kriegsdienstverweigerung als eine Möglichkeit sehen, die patriarchalen und militaristischen Werte zu dekonstruieren, von denen wir umgeben und durchdrungen sind.

Darum erschöpft sich die Verweigerung nicht in der Ablehnung des bewaffneten Konflikts. Vielmehr ist sie eine entschiedene Form des gewaltfreien Kampfes. Sie geht davon aus, dass, wenn wir die gesellschaftlichen Veränderungen erreichen wollen, von denen wir träumen, eine Veränderung im Individuum stattfinden muss, dass wir beständig fragen müssen, wie wir Macht aufbauen können – Macht für alle und mit allen.

Verweigerung – das ist nicht nur ein Wort oder ein Begriff, vielmehr ist sie eine ständige Praxis und eine alltägliche Denkweise, sie ist bestimmend dafür, wie wir uns organisieren können: Indem wir die Freiheit und Persönlichkeit des und der Anderen respektieren, indem wir Gewohnheiten durchbrechen, indem wir den Antimilitarismus als eine Idee begreifen, welche in einer anderen Gesellschaft verwurzelt ist: Einer Gesellschaft, in der wir uns ohne Hierarchien organisieren, in der Konflikte nicht durch Waffen oder Kriege ausgetragen, sondern in geschwisterlichem Dialog gelöst werden, in der Konsens und Dissens die Grundlagen der Entscheidungsfindung sind, in der durch Solidarität und gegenseitige Hilfe neue Beziehungen zwischen den Menschen entstehen, in der wir die Welt um uns neu wahrnehmen und mit Freude, Leben, Träumen und Utopien füllen.

Als Verweigerer und Verweigerinnen sind wir der Überzeugung, dass jeder Weg zur Freiheit schon selbst die Freiheit und die Achtung des Anderen zum Ausgangspunkt haben muss. Zugleich bedarf es einer individuellen Dekonstruktion, welche zu einem kollektiven Leben in Würde beiträgt. Im Folgenden haben wir einige Aussagen von Menschen zusammengestellt, die ihre Verweigerung öffentlich gemacht haben, die Widerstand leisten und eine andere Welt anstreben:

„Ich fordere, dass jeder Mensch die Freiheit haben soll, mit seinem Leben und seinem Körper zu tun und zu lassen, wozu er oder sie Lust hat, und dass weder das Militär noch die Religion, weder der Staat noch die Moral noch das Patriarchat uns daran hindern, unser Leben nach unseren Träumen und Utopien zu gestalten.“

„Ich verweigere mich dem Dogma, dem Unrecht und dem Zwang.“

„Die Kunst ist für mich eine Möglichkeit, von der Bühne aus die Welt zu verändern, mein Wissen und Können mit anderen zu teilen, die es brauchen, und ihre Träume zu nähren – während andere mit ihren Gewehrkugeln Menschen vernichten.“

„Wir Frauen haben uns entschlossen, unsere Kriegsdienstverweigerung zu erklären. Anders als es manchmal ausgelegt wird, verweigern wir uns zusammen mit den Männern, aber nicht für die Männer.“

„Ich habe Ehrfurcht vor dem Leben und es steht mir nicht zu, über Leben und Tod anderer zu entscheiden. Deshalb weigere ich mich, zu töten.“

Red Juvenil: Por la Vida Objetamos por Conciencia. 1.9.2010. Übersetzung Gerd Büntzly. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2011

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