Rundbrief »KDV im Krieg« - Februar 2017

Rundbrief »KDV im Krieg« - Februar 2017

“Militarismus ist allumfassend – schwarz, weiß,... ”

Interview mit Greg Payton

War Resisters’ International (WRI) interviewte Greg Payton, einen Afro-Amerikaner und Veteran des Vietnamkrieges, der später zu einem Friedensaktivisten wurde. Er engagierte sich bei Vietnam Veterans Against War, Veterans for Peace, War Resisters’ League und Black Veterans for Social Justice.1 Er berichtete, welche Rolle Rasse und Rassismus seinen Erfahrungen nach bei diesen Aktivitäten spielte.

Kannst du uns berichten, was dich dazu gebracht hat, aktiv zu werden?

Ich bin ein Vietnamveteran. Ich wurde einberufen und im Rahmen meiner Wehrpflicht nach Vietnam geschickt. Ich wollte nicht ins Gefängnis gehen. Das war einer der Gründe, warum ich nach Vietnam ging. Das Leben im Militär fiel mir nicht schwer, ich war körperlich sehr aktiv, also war es ok. Aber als ich nach Vietnam kam, begann ich zu verstehen, was Krieg wirklich bedeutet. Ich begriff, dass wir benutzt wurden, damit andere davon profitieren konnten. Als ich begann über weiße und schwarze Soldaten und die Probleme des Rassismus im Militär zu sprechen, bekam ich Schwierigkeiten. Ich wurde mehrmals von amerikanischen Soldaten angegriffen. Es führte zu vielen Konflikten und ich musste die Armee verlassen, ohne Genehmigung. Ich begab mich zu einer vietnamesischen Familie, was mir eine unerhörte Innenansicht des Krieges bescherte. Einige Male wurde von amerikanischen Soldaten auf mich geschossen.

Zu dieser Zeit wusste ich nicht, dass sich Vietnamkriegsveteranen organisiert hatten. Die Bewegung war noch sehr jung und bestand vorwiegend aus weißen Studenten. Sie begannen damit, Unterstützung für Personen zu organisieren, die nicht in den Krieg zogen: Sie kamen niemals in meine Community. Wir wussten nichts von Kriegsdienstverweigerung, wir wussten nichts davon, dass man vielleicht nach Kanada hätte gehen können – wir hatten überhaupt keine Idee dazu. Ich wurde aus dem Militär entlassen und kehrte nach Hause zurück. In Vietnam hatte ich angefangen, Drogen zu nehmen. Das ging 15 Jahre so. Am Anfang war das überschaubar, am Ende war ich obdachlos. Was ich alles anstellte...

Gab es irgendwelche Unterstützungsnetzwerke, als du zurück kamst?

Ich kannte keine. Ich versuchte auch nicht, mit irgendeiner Organisation in Kontakt zu kommen. Ich versuchte mein Leben in den Griff zu kriegen. So ging ich zur staatlichen Abteilung für Veteranen und nahm an einem Drogenprogramm teil. Dort waren auch einige Mitglieder von den Vietnam Veterans Against the War.

Kamst du dort das erste Mal in Kontakt mit Kriegsdienstverweigerern und allgemein Antimilitarismus?

Es war eine schöne Erfahrung. Ich hatte das nicht verstanden, aber Vietnam war der Auslöser für meine Drogensucht. Ich begann, eine richtige Ausbildung zu erhalten, was politisch geschah, wie wir Soldaten benutzt wurden und dass sie sich nicht um uns kümmerten, als wir nach Hause zurückkehrten. Ich wurde sehr aktiv bei den Veteranen. Und durch Matt Meyer kam ich zur War Resisters’ League (WRL). So kam es zur Verbindung zwischen Veteranen und der Antikriegskampagne.

Du hast erwähnt, dass die Bewegung gegen den Vietnamkrieg vor allem eine Angelegenheit der weißen Studenten der Mittelklasse waren. Wie war das zwischen Weißen und Farbigen, als du bei den Vietnamveteranen gegen den Krieg und der WRL aktiv wurdest?

Bei vielen Treffen war ich die einzige schwarze Person. Es war lange bevor andere schwarze Leute dazukamen. Es gab einen Bruder mit Namen Clarence Fitch, der mich in das Programm einführte, aber er war einer von ganz wenigen. Er bekam AIDS, so war ich dann wieder eine lange Zeit die einzige schwarze Person bei den Treffen. Es dauerte Jahre, bis es mehr Beteiligung von Schwarzen gab, zumindest am Rande, aber der große Teil der Bewegung war weiß.

Warum war das so? Was denkst Du?

Wie viele schwarze Menschen bewegen sich in deinem sozialen Umfeld? Nicht viele. Das ist das Problem. Die Menschen bleiben in ihrem eigenen sozialen Umfeld und machen nur etwas mit den Leuten, die sie kennen. Das war keine bewusste Sache. Sie wollten zwar andere einbeziehen, wussten aber nicht wie.

Hat sich das Bewusstsein der weißen Mehrheit geändert, als du kamst?

Es gab wirklich viel Ablehnung bei den weißen Privilegierten. Sie waren bis dahin nicht damit konfrontiert gewesen. Sie waren nicht in einer Situation gewesen, dass Rasse überhaupt zum Thema wurde. Sie verstanden nicht, wie es mir in solchen Situationen ging, weil alle weiß waren und ich der einzige Farbige. Mich können alle identifizieren. Ich wusste nicht, wo sie herkommen, aber sie wussten, dass ich auf jeden Fall schwarz bin. So konnten sie mich anders behandeln.

Was würdest du sagen, müsste verbessert oder geändert werden, wie weiße Menschen mit ihrem Privileg umgehen? Wie können Gruppen die Ausgrenzung verhindern?

Bei der WRL gab es früh Leute, die wussten, dass bei ihren Treffen nicht viele Personen dabei waren, die anders ausschauten als sie selbst. Sie predigten es in einem fort: Ihr müsst andere Gruppen erreichen. Der erste Weg dahin ist, herauszufinden, was deren Themen sind und dass du mit ihnen zu diesen Themen arbeitest. Dann besteht die Hoffnung, dass sie mit dir an deinen Themen arbeiten.

Militarismus ist allumfassend – schwarz, weiß, ... - so wie Militarismus wirkt und welche Auswirkungen Militarismus auf die Gesellschaft hat. Wenn du dir die Weißen in der Friedensbewegung anschaust, egal in welcher Nische sie aktiv sind, Umwelt, Kriegsdienstverweigerung, Anti-Atom, sie sind leidenschaftlich dabei, aber sie haben keine Ahnung von anderen Kämpfen. Wenn du um das Überleben kämpfst, wie bei der Kampagne Black Lives Matter (Schwarzes Leben Zählt), beschäftigen wir uns mit dem Thema Militarismus, wenn es darum geht, dass die Polizei Menschen tötet.

Ich bin in einer Community, in der einem schwarzen Mann acht Mal in den Rücken geschossen wurde, während er vor der Polizei davonlief. Aber die Kämpfe und Auseinandersetzungen, die wir mit dem Militarismus haben, werden von anderen Personen, insbesondere von weißen Menschen aus anderen Communities, überhaupt nicht verstanden. Ein Beispiel: Die WRL hat immer über Krieg gesprochen. Es gab nun das Thema Polizei und Polizeibrutalität. Nun wussten sie nicht, ob sie darüber sprechen sollten oder nicht, weil ihr Thema doch der Krieg ist. Damit begann ein Wochenendtreffen. An diesem Wochenende gab es Unruhen gegen Polizeibrutalität. Sie setzten die Armee ein, Panzer, die ganze Bandbreite des Militarismus gegen die lokale Bevölkerung. Und nun gab es eine Verbindung zwischen Militarismus und Rassismus. Es sah eben so aus, als ob es auch eine Kriegszone im Nahen Osten oder Lateinamerika sein könnte.

Gibt es bei weißen AktivistInnen ein mangelndes Bewusstsein und einen Widerwillen, sich damit zu beschäftigen?

Zum Teil. Es sind Menschen aus anderen Kulturen, die sich in neuen Kulturen beteiligen. Ich fühlte mich in den weißen Communities zunächst sehr unwohl. Ich musste eine neue Terminologie lernen. Es war so, dass ich all das erst verstehen musste, aber ich war interessiert dran zu bleiben. Andere haben keine Zeit, das zu machen, sie kämpfen um ihr Leben.

Was, denkst du, könnte helfen, dass mehr Menschen dranbleiben? Wie könnten Bewegungen andere besser integrieren?

Du musst zeigen, dass das, was du tust, was mit ihren Bedürfnissen zu tun hat. Nimm das Beispiel Südafrika: Dort gab es viele schwarze südafrikanische Gruppen, die die End Conscription Campaign unterstützen wollten, aber sie waren auch besorgt darüber, wie das gehen könnte. Sie fragten sich, was passieren würde, wenn die Weißen keinen Militärdienst mehr zu leisten hätten, aber weiterhin die Privilegien in der Gesellschaft haben? Gehen sie dann zurück in die Vorstädte und werden wieder zu weißen Bürgern, die die Schwarzen unterdrücken? Werden sie uns unterstützen, wenn wir sie unterstützen?

Als Organisation musst du rausgehen und deine Arbeit mehr in Beziehung zu anderen setzen – in vielerlei Beziehung. Zumeist ist die Organisation der Auffassung, dass ihr Thema das wichtigste ist: „Alle müssen sich mit unserem Thema beschäftigen“. Es ist aber nicht wichtiger als das von anderen Gruppen. Als wir für die Konferenz der War Resisters‘ International (WRI) letztes Jahr in Südafrika waren – etwas sehr großartiges – konntest du all die anderen Gruppen erreichen. Die Leute konnten herauszufinden, was es z.B. zu Homophobie oder Feminismus an vielen Orten auf der Welt gibt. Sehr oft fühlen sich die Menschen isoliert, aber tatsächlich gibt es doch die gleiche Form der Unterdrückung auch an anderen Orten.

Die Dinge haben sich zum Guten entwickelt seit ich in den 80er und 90er Jahren aktiv zu werden begann. Sie wurden sehr viel besser. Aber die AktivistInnen verstehen andere Situationen noch nicht immer oder sie wollen sie nicht verstehen. Was ich an der WRL und WRI mag, ist, dass wir andere erreichen, dass wir Verbindungen haben. Ich kann dir ein eMail schicken und erhalte unverzüglich internationale Unterstützung. Viele Gruppen kennen solche Arbeitsweisen nicht, insbesondere die Graswurzelgruppen. Schau dir z.B. die Boykottbewegung (Bewegung Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen - BDS) gegenüber Israel an. Eine Menge Leute verstanden nicht, was das bedeutete, aber nun gibt es eine ganze Gemeinschaft von Menschen, die dazu über die ganze Welt verstreut arbeiten. Das ist wunderbar!

Wenn ich dich recht verstehe, siehst du, dass sich viel entwickelt hat und es bessere Ergebnisse gibt und die Solidarität gestärkt wurde.

Du sagst ‚viel‘: Wie willst du das bestimmen? Die Dinge habe sich entwickelt. Aber noch immer sehen wir uns mit den gleichen Themen konfrontiert. Der Aufbau einer Zusammenarbeit ist wichtig. Mit anderen Gruppen kannst du dich identifizieren und mit ihnen gemeinsam arbeiten. Militarismus betrifft jeden auf alle mögliche Art und Weise, insbesondere wirtschaftlich. Wir müssen junge Menschen erreichen, so dass sie klar verstehen können, was passiert. Das ist wie beim Tabak – Seit 30 Jahren gibt es eine Bewegung gegen Tabak. Zu der Zeit war Rauchen eine große Sache. Aber über 30 Jahre haben die AktivistInnen die Kultur des Rauchens verändert. Du darfst auf Treffen nicht mehr rauchen. Der entscheidende Punkt war, dass die Leute verstanden haben, dass Rauchen keine gute Sache ist. Es kann nun passieren, dass dir kleine Kinder in der Schule sagen, dass du nicht mehr rauchen sollst.

Wie könnte die antimilitaristische Bewegung dies aufnehmen?

Als Veteranen haben wir Beziehungen mit anderen Menschen aufgebaut, z.B. mit LehrerInnen. Wir gingen in die Schulen und sprachen mit den SchülerInnen. Wir sagten den SchülerInnen niemals, welche Entscheidung sie treffen sollten. Aber wir sagten ihnen, wenn du zum Militär gehst, solltest du ein paar Dinge wissen: Dein Leben gehört nicht länger dir. Wir müssen die Jugend erreichen. Wir können die Saat bei jungen Menschen säen und wenn sie dann beginnen, Entscheidungen zu treffen, wird sich das wieder zeigen. Wir müssen das auch in ihre Sprache übersetzen. Ein Beispiel dafür: Ich erinnere mich an eine Diskussion in der WRI, ob sie Beiträge ins Spanische übersetzen sollten. Sie diskutierten darüber, welche Art von Spanisch es sein sollte und dass nicht alle das gleiche Spanisch sprechen würden. Aber wir müssen es doch einfach probieren! Die Leute werden es herausfinden. Wir sind so damit beschäftigt, alles richtig zu machen, dass wir manchmal den entscheidenden Punkt verlieren.

Das heißt also: Wir müssen auf breiterer Ebene mit anderen Menschen kommunizieren, kulturell bedachtsam, aber ohne uns dadurch zu lähmen, dass wir Angst haben, etwas falsch zu machen?

Wir alle haben einen langen Weg vor uns, um die Dinge für unsere Kinder und für uns selbst besser zu machen. Ich habe im Süden der USA gelebt – der Wiege der Sklaverei. Es gibt dort immer noch die Haltung, die Stereotypen über schwarze Menschen stützen. Wir arbeiten hart daran, den Geist zu ändern und wir haben einiges geändert. Viele weiße Amerikaner hätten niemals gedacht, dass ein Polizist das tun würde – einen unbewaffneten schwarzen Mann zu töten. Die Medien haben schwarze Menschen in einem sehr negativen Licht dargestellt. Viele Weiße denken, „sie kriegen, was sie verdienen“. Und es gibt sogar viele, die uns noch nicht mal als Menschen ansehen. Und die gleiche Art von Militarismus geschieht hier, wo wir von der Polizei getötet wurden. Es geschieht überall auf der Welt. Es ist auch schrecklich, wie Muslime in den USA behandelt werden. Die USA macht alle für die Gewalt verantwortlich und übernimmt niemals Verantwortung für irgendwas. Ich muss meine Zunge zügeln! Ich weiß, dass einige Leute das nicht hören wollen, sie wollen nicht ihre komfortable Zone verlassen.

Vorhin habe ich gefragt, wie weiße Menschen “unseren” Aktivismus und “unsere” Bewegungen breiter aufstellen können. Wie könnte die Situation geändert werden?

Ich gebe dir ein Beispiel. Weiße AktivistInnen, sagen wir, planen eine Demonstration. Dann rufen sie die schwarzen Gruppen an und schauen, ob die sich daran beteiligen wollen. Aber sie haben sie bei den Planungen nie mit einbezogen. So geht es nicht: Alles zu planen und dann den schwarzen Gruppen zu sagen, wo sie hinzugehen und was sie zu tun haben. Wenn man eine stärkere schwarze Beteiligung haben will, müssen sie von Anfang an, in richtiger Weise, in den Planungsprozess einbezogen werden. Ich könnte was zu den Zielen und der Strategie zu sagen haben. Aber ich bin eigentlich nur als Teilnehmer erwünscht, damit du sagen kannst, du hast mich einbezogen! So bist du dominant – du möchtest schwarze Personen als Aushängeschild, aber nicht auf der Ebene der Organisation. Und warum kommst du und unterstützt schwarze AktivistInnen nicht bei Themen, die uns betreffen? Nimm dir die Zeit, um zu begreifen, was du da tust und versuche andere Menschen zu verstehen. Lies nicht nur über sie – treffe sie, frage sie, wie du ihnen helfen kannst. Das mag einfach klingen, aber du könntest anbieten Flugblätter und ähnliches zu machen – mag sein, dass eure Gruppe das aufgrund der größeren Mittel einfacher bewerkstelligen kann. Kleine Gruppen haben oft keine Infrastruktur dafür und es könnte ihnen wirklich helfen. Du musst zuhören, was ihre Probleme sind.

Ganz offensichtlich ist es notwendig, dass sich das dominante Verhalten der Weißen ändern muss. Aber was wäre deine Empfehlung an schwarze AktivistInnen, wenn sie mit diesem frustrierenden Verhalten konfrontiert sind?

Es ist notwendig, die unterschiedliche Kultur zu verstehen. Viele Amerikaner schauen auf die weiße Bevölkerung und schließen daraus, dass sie alle gleich sind. Um unterschiedliche Gruppen zu verstehen, z.B. unterschiedliche europäische Gruppen: Das dauert eine Weile. Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt haben unterschiedliche Ansichten zu den Dingen. Du musst verstehen, wo die anderen Leute herkommen. Ich fühle mich gesegnet, dass ich den Sturm überstehen konnte. Ich hatte Leute, mit denen ich über diese Dinge reden konnte – so hatte ich mit Howard Clark aus dem Büro der WRI eine sehr enge Beziehung – und es war notwendig aufrichtig zu sein. Wir mochten uns genug, dass wir voneinander lernen konnten. Wir konnten nachfragen, was der andere dazu denkt. Ich konnte sagen, dass ich über das Thema x nicht viel weiß, ohne befürchten zu müssen, dafür gerichtet zu werden. Zum Beispiel wusste ich nicht viel über die Kultur der Schwulen, aber ich hatte Freunde, die geduldig mit mir waren. Ich erinnere mich auch daran, dass ich am Anfang meiner aktiven Zeit bei der WRL in Kalifornien auf einer Konferenz war. Es gab zu der Zeit einen Artikel über Vietnamveteranen im Playboy, in dem ich genannt wurde. Also zeigte ich ihn herum, aber die Leute von der Friedensbewegung wiesen vor allem darauf hin, wie sexistisch die Zeitung ist. Es war meine erste Lektion über Sexismus.

Welches Gefühl hast du dazu, wenn sich schwarze Gruppen selbst organisieren?

Wenn es einen Krieg gibt, werden Menschen mit verschiedenstem wirtschaftlichen Hintergrund einberufen. Einer von denen hatte niemals zuvor eine schwarze Person getroffen – er kannte sie nur aus den Medien. Wir konnten noch nicht einmal miteinander kommunizieren, weil wir einen unterschiedlichen Slang hatten. Aber die schwarzen Soldaten konnten miteinander sprechen und kamen auf diese Weise zusammen. Wir hatten viele ähnliche Erfahrungen gemacht. Es gab an vielen Stellen Rassentrennung. Ganz bestimmt müssen sich Gruppen mit ihrer eigenen Kultur identifizieren. Ich glaube nicht daran, dass alles gleich sein sollte, nicht alle müssen zu jeder Zeit zusammen sein. Du kannst in einer schwarzen Gruppen mit eigenen Themen aktiv sein und du kannst zugleich versuchen, mit anderen Gruppen zusammenzuarbeiten. Alle sollten versuchen, gemeinsam dazu etwas beizutragen.

Bei anderen Gruppen willkommen zu sein, ist hart. Die anderen kennen deine Geschichte nicht. Sie können mit Sachen ankommen, die du schon längst gemacht hast. Aber es ist trotzdem wichtig, ihnen zuzuhören, es ist wichtig, niemanden zurückzuweisen. Wenn du andere zurückweist, verschließen sie sich. Ich habe bei Black Veterans for Social Justice mitgearbeitet. Sie schließen andere mit ein, aber ihr Fokus ist die Arbeit mit schwarzen Veteranen: Unterbringungen, Ausbildungsmöglichkeiten, Obdachlosenhäuser. Sie begannen ihre Arbeit als schwarze Veteranen, beziehen aber nach wie vor andere mit ein. Die Autonomie einer Gruppe muss nicht verloren gehen, wenn sie mit anderen zusammenarbeitet. Sie kooperieren mit Vietnam Veterans Against the War. Viele von uns kamen für bestimmte Dinge zusammen. Wir haben uns gegenseitig Preise verliehen! Es gibt viele Möglichkeiten der Kooperation.

Wie sieht es mit den Themen Geschlechtsidentität und Inklusion aus?

Ein großer Teil meines Wissens zu Geschlechtsidentität stammt aus meiner Arbeit in diesen Gruppen. Wie ich schon erwähnte, gab es einige Dinge, die ich über Sexismus und die Ausbeutung von Frauen in der Friedensbewegung lernte. Und wenn du über schwarze Frauen sprichst, da gibt es viele Nuancen. Wenn du mit einer schwarzen Frau sprichst, kann sie nicht für alle schwarzen Frauen sprechen. Ich kann auch nicht für alle Afro-Amerikaner sprechen. Du brauchst eine Art von gemeinsamer Gruppe. Und: ja, schwarze Frauen sind bei vielen dieser Angelegenheiten marginalisiert. Ich erinnere mich an den Beginn meiner aktiven Zeit, dass Frauen die männliche Dominanz aufgegriffen haben. Sie machten darauf aufmerksam, wenn es mehr männliche als weibliche Beiträge gab – oder sogar nur eine einzige Sprecherin. Ich hatte über so etwas nie nachgedacht. Du beginnst, mehr Stimmen zuzuhören. Wenn es nur eine einzige schwarze Frau gibt, nimmst du dir die Möglichkeit ein ausgeglicheneres Spektrum einzubeziehen. Du brauchst nicht nur eine Person, sondern mehrere.

 

* Vietnamveteranen gegen Krieg, Veteranen für Frieden, Liga der KriegsgegnerInnen und Schwarze Veteranen für Soziale Gerechtigkeit

War Resisters’ International: An interview with Greg Payton. Dieses Interview wurde erstmals veröffentlicht in: War Resisters’ International: Conscientious Objection - A Practical Companion for Movements. November 2015. www.wri-irg.org/cobook-online. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2017.

Stichworte:    ⇒ Antimilitarismus   ⇒ Friedensbewegung   ⇒ USA