Vorwort zur Broschüre "Waffenexporte ins südliche Afrika: Ein Geschäft mit dem Tod"

(01.11.2011) Es geht um Waffen. Es geht um Kriegsvorbereitung. Und es geht um riesige Summen, die geradezu zu Korruption und Bestechung einladen. Der Waffenexport floriert, Deutschland ist der größte Waffenexporteur der Europäischen Union und liegt hinter den USA und Russland weltweit an dritter Stelle der Waffenlieferanten.

Aktuelle Aufmerksamkeit haben in den letzten Wochen die Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien und Angola erlangt. „Deutschland strebt ein Rüstungsgeschäft mit der Kriegsmarine des südwestafrikanischen Staates Angola an“, so Die Zeit am 13. Juli 2011. „Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Staatspräsident José Eduardo dos Santos in der Hauptstadt Luanda gesagt. Dabei gehe es um sechs bis acht Patrouillenschiffe.“ Zugleich strebe Angela Merkel eine Energie- und Rohstoffpartnerschaft mit Angola an. „Deutschland könne von dem rohstoffreichen Angola profitieren.“

Hier wird offenherzig dokumentiert, dass das Waffengeschäft ein Türöffner sein soll, um Einfluss in einem Land zu erhalten, das immense Öl- und Gasvorkommen hat. Da müssen schon mal Bedenken zurückstehen, gilt doch die Regierung unter dem amtierenden Präsidenten José Eduardo dos Santos als höchst korrupt und dos Santos als Despot, wie Emanuel Matondo in seinem Artikel ausführt.

Auch in einem anderen Fall waren ganz legal Waffen einer deutschen Firma einem Regime geliefert worden: nach Ägypten. Es waren Schnellfeuergewehre des Typs G36 der deutschen Firma Heckler & Koch aus Oberndorf. Im September 2011 wurde nun bekannt, dass diese Gewehre in Libyen auf Seiten der Einheiten des ehemaligen Diktators Muammar al-Gaddafi gefunden wurden, so dpa am 23. Oktober 2011 - ohne deutsche Genehmigung.

Ganz legal hingegen wurde Libyen in den letzten Jahren durch die Europäische Union bei der Flüchtlingsabwehr unterstützt. Ausrüstungsmaterial wurde geliefert, das libysche Sicherheitskräfte von Italien und anderen EU-Ländern ab 2004 erhielten, dem Jahr, in dem das EU-Waffenembargo offiziell aufgehoben wurde. Im Jahr 2005 begannen dann die Reisen ehemaliger und aktiver SEK-Polizeibeamter nach Libyen, die dort Soldaten diverser Militäreinheiten ausgebildet haben, so der DAKS-Kleinwaffen-Newsletter im September 2011. Das Gebot, Menschenrechte zu achten, tritt hinter eine Politik zurück, die um fast jeden Preis verhindern will, dass Flüchtlinge das Gebiet der Europäischen Union überhaupt erreichen.

Es sind Flüchtlinge, die nicht nur aufgrund von Hungerkatastrophen oder fehlenden Lebensgrundlagen ihre Hoffnung auf die Europäische Union setzen. Millionen fliehen auch vor Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen, wie in der Demokratischen Republik Kongo. Zehntausende fliehen jedes Jahr aus Zimbabwe, einem Land, in dem die Opposition weiter massiven Repressionen unterliegt.

In der hier vorgelegten Broschüre befassen wir uns mit den Waffenexporten ins südliche Afrika. Anlass dafür ist eine Veranstaltungsreihe von Emanuel Matondo, gemeinsam organisiert von Connection e.V., der Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel! und der Informationsstelle Südliches Afrika (issa). Es geht uns dabei nicht nur um die großen Waffengeschäfte, die mit Südafrika abgeschlossen wurden und mit Angola verhandelt werden. Es geht uns darum, anhand einer Region deutlich zu machen, wie der Export von Waffen bestehende Konflikte und Kriege anheizt, Politiker korrumpiert und Demokratisierungsbewegungen untergräbt. Zudem dienen die Waffenlieferungen auch dazu, Einfluss in bestimmten Ländern der Region zu erhalten. Gerade hochtechnisierte Waffensysteme bedürfen zwangsläufig einer begleitenden Ausbildung und Unterstützung, die z.B. durch die Bundeswehr erfolgt. Über Jahrzehnte hinweg geht es um Wartung, Reparatur sowie Lieferung von Munition. Was sich ‚gute Beziehungen‘ nennt, sind in Wirklichkeit dauerhafte Abhängigkeiten.

Zu den einzelnen in der Broschüre behandelten Ländern haben wir jeweils einige Fakten zusammengestellt. Der darin verwendete HDI-Index (Human Development Index) wird vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) als Indikator für den Entwicklungsstand eines Staates benutzt. Er berücksichtigt soziale Komponenten wie die Lebenswerwartung bei der Geburt, die Alphabetisierungsrate unter Erwachsenen und die reale Kaufkraft pro Kopf. Auf den ersten von insgesamt 169 Plätzen lag im Jahre 2009 Norwegen. Deutschland war auf Rang 10, die USA auf Rang 4. Die in der Broschüre behandelten Länder lagen auf den Plätzen 98 (Botswana) bis 169 (Simbabwe).

Ohne Zweifel werden Waffen nicht geliefert, damit sie in irgendeinem Arsenal verstauben. Sie sind für den Einsatz gedacht – und werden auch genau dafür genutzt. Wenn daher in Länder wie Saudi-Arabien, Angola oder Libyen geliefert wird, ist dies in höchstem Maße unverantwortlich. Der Ruf nach einer tatsächlichen Offenlegung und Kontrolle der Waffenlieferungen liegt da auf der Hand.

Wer sich allerdings eingehender mit den Lieferungen beschäftigt, stellt fest, dass die Waffen keineswegs immer da eingesetzt werden, wohin sie ursprünglich geliefert wurden. Bestehende Kontrollmechanismen, so unzureichend sie sind, werden unterlaufen. In einem globalen Markt landen die Ausfuhren über Umwege an anderen Stellen, auch noch nach Jahrzehnten. Das Geflecht der Waffenhändler ist nur schwer durchschaubar. Und je konfliktreicher eine Region ist, umso profitträchtiger ist sie. Offenlegung und Kontrolle allein werden dagegen nicht viel ausrichten. Die Aktion Aufschrei hat da eine klare Antwort: Stopp der deutschen Rüstungsexporte!

Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Broschüre "Waffenexporte ins südliche Afrika: Ein Geschäft mit dem Tod", November 2011

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